Am Dienstag, den 26.12. stand ich um 5.30h auf und wurde eine Stunde später von meinem Gastvater George zum Airport in Dunedin gefahren. Pünktlich um 7.20h startete die ATR 42 nach Christchurch und landete dort keine Stunde später. In eineinhalb Stunden sollte meine Familie aus Deutschland einfliegen! Ich stellte mich auf die Besucherterrasse und schaute nach Westen, von wo die Maschine aus Tokio ankommen sollte. Gegen 9.50h konnte ich sie dann endlich einschweben sehen. Ich freute mich riesig als sie endlich aus der Zollabfertigung heraus kamen und wir uns endlich begrüßen konnten. Die Übergabe eines vorbestellten Mietwagens war schnell erledigt. Für meinen Vater war der Linksverkehr natürlich ungewohnt. Zuerst fuhren wir zu unserem Motel in Christchurch und waren erst einmal froh, wieder zusammen zu sein. Wir hatten uns schließlich fast ein halbes Jahr lang nicht gesehen. Dann fuhren wir ins Stadtzentrum, um uns dort umzuschauen. Leider fing es an ziemlich heftig zu regnen, so dass wir erst einmal in den futuristischen Glasbau der Art Gallery flüchteten, ein Kunstmuseum, in dem es fast ausschließlich alte und neue Kunstwerke von neuseeländischen Künstlern gibt. Als wir uns alles angesehen hatten, war auch wieder besseres Wetter. Wir spazierten in Richtung Cathedral Square, wobei uns immer wieder die Wagen der historischen Straßenbahn begegneten. Am 26.12. ist Feiertag (Boxing Day) und deshalb war es in der Stadt sehr ruhig. Die etwa 130 Jahre alte Christchurch Cathedral ist eines der wenigen historischen Gebäude. Wir sahen sie uns an und stiegen auf den 65m hohen Turm, der uns einen Überblick der Stadt bot. Nach einem Kaffee bei Starbucks entschieden wir uns – es war mittlerweile sonnig und sommerlich warm geworden –, zum Abschluss den botanischen Garten zu besuchen.
Der ist riesig groß und sehr schön angelegt. Neben seinen alten und mächtigen Zedern, Kiefern, Gummi-, Mammut- und anderen Bäumen und bietet er Platz für viele exotische und neuseeländische Gewächse, z.B. mehrere Meter hohe Baumfarne.
Am Abend aßen wir in dem Restaurant unseres Motels und gingen bald danach müde ins Bett. Meine Eltern und mein Bruder mussten sich schließlich an zwölf Stunden Zeitverschiebung gewöhnen
Am anderen Morgen frühstückten wir ausgiebig. Um 9.30h fuhren wir bei strahlendem Sonnenschein los zu unserem ersten Reiseziel, dem kleinen Ort Twizel am Rande des Mount Cook National Park südwestlich von Christchurch. Nach etwa zwei Stunden auf Fahrt dem Highway Nr. 1, bogen wir nach Westen ab. In Geraldine, einem der kleinen Straßenorte deckten wir uns mit Reiseproviant ein. Allmählich wurden die Berge. Am Lake Tekapo, einem der riesigen Seen der Südinsel machten wir Pause. Dort steht die kleine, steinerne Church of the Good Shepherd, die in zusammen mit dem See in keinem Bildband von Neuseeland fehlt. Inzwischen hatte sich der Himmel bezogen. Auf einer schmalen steilen Straße fuhren wir auf den Mount John am Rande des Lake Tekapo. Von dort hatten wir eine wunderbare Aussicht. Der See war milchig blau. Im Hintergrund erhoben sich hohe, schneebedeckte Berge.
Zwei Farben beherrschten das Bild: Den grauen Himmel und eine kahle Landschaft mit flachen Hügel und weiten Ebenen voll gelb-braunem Tussok-Gras. Die ganze Gegend wirkte öd und leer bis auf ein großes Feld bunter Lupinen, die mitten drin zu Versuchszwecken angebaut worden waren. Unsere Fahrt ging weiter dem Tekapo Chanel entlang, der den Lake Tekapo mit dem noch größeren Lake Pukaki verbindet.
Dazu muss man wissen, dass es auf der Südinsel Neuseelands ein zusammenhängendes System von gigantischen Seen und Stauseen gibt. Der ganze Verbund dient der Stromerzeugung. Neuseeland bezieht etwa zwei drittel seines Strombedarfs aus erneuerbaren Quellen wie z.B. der Wasserkraft. Inzwischen war starker Wind aufgekommen und die hohen Berge verschwanden ganz in Wolken. Als wir vom Endpunkt des Kanals einen Blick auf den tiefer liegenden Lake Pukaki werfen wollten, mussten wir uns richtig gegen den Sturm stemmen. Es regnete, als wir bald darauf in unserem Hotel in Twizel ankamen. Eine kurze Wetterbesserung nutzten wir für einen Spaziergang durch den Ort, der früher lediglich als Arbeitersiedlung für den Staudamm- und Kraftwerksbau diente. Als es erneut zu regnen anfing, war das auch nicht weiter schlimm. Wir hatten uns im Hotelrestaurant niedergelassen und genossen das überaus schmackhafte und reichhaltige Buffet.
Am Freitagmorgen war der Himmel wolkenlos und blau. Das war ideal, denn wir wollten zum Mount Cook Village, das etwa 70 km westlich von Twizel mitten in den Southern Alps liegt. Dort wollten wir uns den höchsten Berg Neuseelands aus der Nähe ansehen. Zunächst hielten wir jedoch am Auslauf des Lake Pukaki und blickten über den türkisfarbigen See zum Mount Cook, der schneeweiß im Hintergrund des Tales aufragte.
Die Straße führte am Lake Pukaki entlang, dann durch das breite, von einem früheren Gletscher gegrabene Tal. So hatten wir immer einen phantastischen Blick auf diesen mächtigen Berg. Der Mount Cook – die Maoris nennen ihn Aoraki - überragt mit seinen 3764m alle umliegenden Berge um einige hunderte Meter. Der Neuseeländer Sir Edmund Hillary hatte hier für seine Erstbesteigung des Mount Everest geübt, da der Mount Cook ähnliche Bedingungen bietet. Der Gipfel ist durch die ausgiebigen Niederschläge stark vereist. Dadurch und wegen der steilen Bergflanken ist Aoraki ein sehr gefährlicher Berg. Zu Anfang meines Aufenthalts in New Zealand wollte ich unbedingt auf den Gipfel, doch meine Gastmutter Leeanne riet mir davon ab, weil jedes Jahr einige Bergsteiger dort ums Leben kämen.
Mount Cook Village liegt etwa 760m hoch. Im DOC Visitor Center informierten wir uns über Wanderwege und entschieden uns für das Hooker Tal. Wir liefen gegen 11.50h los. Der sehr gepflegte Weg führte uns zunächst zum Kea-Point, einem Aussichtspunkt ohne Keas - den grünen neuseeländischen Bergpapageien - aber direkt vor der breiten Eis- und Felswand des 3151m hohen Mount Sefton. Die Hängegletscher reichten bis auf etwa 1500 Meter herunter. Es war einfach ein großartiger Anblick. Ein paar Mal hörten wir Eisstürze herunter donnern.
Eine kleine Plattform befand sich direkt am Steilabhang der Seitenmoräne des Mueller-Gletschers. Tief unten sahen wir mit Steinen bedeckte Ende des Gletschers und einen großen graugrünen Schmelzwassersee. In ihm schwammen sogar kleine Eisberge, die vom Gletscher abgebrochen waren. Im Talhintergrund stand dann Mount Cook, dessen Gipfel leider wieder mal von Wolken verhüllt war. Wir beschlossen trotzdem, ein Stück weiter ins Hooker Valley hinein zu laufen, um dem höchsten Gipfel noch näher zu kommen. Zwei reißende Wildbäche, die gelblich grau aus den Gletscherseen heraus flossen mussten wir über lange, schmale Hängebrücken überqueren. Der Weg war gut ausgebaut und interessant, weil er inmitten der Fels- und Gletscherberge durch ein breites grünes Wiesental mit teilweise ungewöhnlichen Pflanzen führte. Nach etwa eineinhalb Stunden leicht bergauf standen wir wieder vor dem Hooker Lake, dem Schmelzwassersee des Hooker Glacier. Darin trieben richtige Eisberge.
Direkt dahinter ragte eisig Mount Cook auf. Und wir hatten Glück: Alle Wolken hatten sich vom Gipfel verzogen – und so bleib es den ganzen Nachmittag.
Nach einer längeren Rast ging es wieder zurück. Um kurz vor fünf waren wir wieder im Mount Cook Village und fuhren zurück nach Twizel. Am Abend konnten wir von unserem Hotelzimmer aus den Gipfel des Mount Cook in den letzen Strahlen der untergehenden Sonne sehen, bevor wir uns wieder zu einem guten Abendessen im Restaurant niederließen.
Am Samstag, den 29.12, fuhren wir von Twizel weiter nach Dunedin, wo ich z. Zt. wohne. Nach einer langen Fahrt durch die Berge und entlang weiterer schöner und großer Seen kamen wir wieder in das flache Land an der Ostküste. Wir hielten in dem Ort Oamaru an, wo es viele klassizistische Gebäude aus hellem Kalkstein gibt. Sie stammen aus der Zeit des Goldrauschs, als man hier ordentlich Geld verdiente.
Nach etwa einer halben Stunde Fahrt entlang der Küste stoppten wir noch einmal, um uns am Strand die Moeraki Boulders anzusehen. Das sind bis zu vier Meter große Steinkugeln, die es nur in beim Ort Moeraki gibt und von denen eigentlich keiner so recht weiß, wie sie entstanden sind. Man kann sehen, dass manche aus den Küstenfelsen heraus gewaschen werden. Sie liegen dann mitten auf dem Sandstrand bis sie eines Tages auseinander brechen.
Nach einer weiteren Autostunde erreichten wir um 16.00h endlich Dunedin. Nachdem meine Eltern ihr Hotelzimmer bezogen hatten, fuhren wir zusammen zu meinen Gasteltern, damit sich die beiden Familien persönlich kennen lernen konnten. Mein Bruder durfte während unseres Aufenhalts in Dunedin bei mir übernachten. Am Abend gingen wir alle zusammen zum Essen ins Nova-Cafe im Stadtzentrum von Dunedin.
Der nächste Tag war leider verregnet. Wir wollten mit Mrs. Klitscher, International Officer und an meiner Schule zuständig für die Kontakte zu ausländischen Schülervermittlungen, mit der Taieri Gorge Railway. Meine Eltern und Mrs. Klitscher kannten sich bereits im September in Köln getroffen und den gemeinsamen Ausflug ausgemacht. Die Taieri Gorge Railway ist ein Touristenzug. Sie ist ein Überrest der Personenzüge, die es früher von und nach Dunedin gab. Sie führt in etwa 2 Stunden von Dunedin 60km in Hinterland nach Middlemarch.
Die Reise begann um 9:30h im historischen Bahnhof von Dunedin. Die über 100 Jahre alte Bahnstrecke schlängelte zunächst 45km entlang der tief in eine Hochebene eingeschnittenen Schlucht des Taieri River: Dabei überquerte sie einige abenteuerliche Stahlbrücken. Etwa 15km vor Middelmarch und in bei einer Höhe von 250m erreichte der Zug wieder flaches. Die Landschaft hatte sich nun völlig verändert. Einzelne große und bizarr geformte dunkelgraue Felsen ragten aus der grasigen Hochfläche. In dem völlig verschlafenen und verregneten Middelmarch mussten wir eine Pause von einer Stunde einlegen bis der Zug wieder zurückfuhr. Um wenigstens im Trockenen zu sein, sahen wir uns das Dorfmuseum an, wo es allerlei ländliche Geräte und etwas über die kurze Geschichte der Besiedlung zu sehen gab. Interessant war eine Art eisernes „Unterseeboot“, mit dem man vor langer Zeit versucht hatte, auf dem Grund eines Flussbettes Gold zu schürfen.
Währenddessen hatte es aufgehört zu regnen. Um 13.00h traten wir dann wieder unsere Rückreise durch die beeindruckende Landschaft an. Nun konnte man zum Fotografieren auch auf der Plattform der Waggons stehen, ohne völlig durchnässt zu werden. Tief unten in der Schlucht floss der Taieri River, die Felshänge waren an vielen Stellen mit gelb blühenden Büschen bedeckt, was auch bei weniger schönem Wetter freundlich wirkte.
Am Montag, den 31.12.07 war wieder schönster Sonnenschein. Ich wollte meiner Familie natürlich auch die Tunnel Beach zeigen, die Felsküste in der Nähe meiner Wohnung. Und so machten wir einen kleinen Abstecher zu dem natürlichen Felsentunnel im Meer und dem kleinen Strand inmitten senkrechter Felswände. Es war wie immer großartig! Danach fuhren wir auf die Otago Peninsula nördlich von Dunedin, eine etwa 25 km lange hügelige Halbinsel mit vielen Buchten. Man kann hier Robben und seltene Vögel zu Gesicht bekommen, denen man sonst nicht so leicht begegnet.
Für 14.00h hatte ich eine Führung zur Brutkolonie der Königsalbatrosse ganz am Ende der Halbinsel gebucht – anders bekommt man diese Meeresvögel mit mehr als drei Meter Flügelspanne nicht zu sehen. Zuerst erfuhren wir in einem Film etwas über das Leben der Albatrosse, z.B. dass sie 80% ihrer Lebenszeit in der Luft verbringen und dabei die ganze Welt umrunden. Nur zum Brüten kommen Albatrosse an Land. Wenn die Jungen Dunedin verlassen, fliegen sie gleich bis zur Küste von Chile. Von einem verglasten Gebäude aus konnten wir vier Albatrosse in ihren Nestern sehen. Fliegen wollte jedoch leider keiner, weil sie stürmische Wetter bevorzugen, und an diesem schönen Sommertag war eben kein Albatrosswetter. Mitten in der Brutkolonie befand sich eine Festung, die uns zum Abschluss der Führung gezeigt wurde. Sie war von den Engländern Ende des 19. Jahrhunderts gebaut worden aus Furcht vor einem Angriff russischer Schiffe. Das Besondere der Festung war ein Disappearing Gun, eine riesige versenkbare Kanone.
Kurz vor 16:00h fuhren wir ein paar Kilometer zurück zur Kolonie der Yellow-Eyed-Pinguine, den seltensten Pinguinen der Welt. Wieder hatten wir uns für eine Führung angemeldet. Mit einem klapprigen Bus fuhren wir zu einer Bucht am Pazifik, wo die Pinguine brüten. Durch überdachte Gänge gelangten wir zu Beobachtungsständen, von denen wir die Tiere sehen konnten, ohne sie zu stören. Und wirklich stand an einem Nest etwa 5 Meter entfernt von uns ein junger Pinguin mit einem Elterntier. Das Junge war so groß wie der alte, aber ganz wollig und es bettelte immer um Futter. Wir sahen dann noch ein paar weiter alte und junge Gelbaugen-Pinguine und einen, wie er gerade aus dem Meer kam und über den Strand zu seinem Nest lief.
Der Ausflug auf die Otago Peninsula war wirklich ein Erlebnis. Ach ja es war ja auch Silvester! Weil wir den Jahreswechsel noch nie im Sommer erlebt hatten, konnten wir das kaum glauben. Wir hatten auch nichts Besonderes geplant. In Dunedin steht auf einem Hügel im Nordwesten der Stadt ein Memorial, von dem man die ganze Stadt überschauen kann. Zu dieser Stelle fuhren wir gegen Mitternacht mit eine Flasche Sekt und warteten zusammen mit einigen anderen Leuten in der Dunkelheit auf den Jahreswechsel. Bis auf ein kleines Feuerwerk am Octagon, dem Platz in der Stadtmitte von Dunedin, blieb alles ziemlich ruhig. Die Neuseeländer scheinen sich aus Silvester und Feuerwerk nicht viel zu machen.
Neujahr ist auch in Neuseeland Feiertag. Meine Eltern und mein Bruder wollten sich in Dunedin das Otago-Museum und den botanischen Garten ansehen. Beides kannte ich schon. Ich nutzte deshalb die Gelegenheit, eine Freundin zu treffen, die eine Woche später wieder zurück nach Deutschland fliegen musste. Abends traf sich unsere Familie wieder, um zusammen zum Essen zu gehen. Aber es war schwierig, ein Restaurant zu finden, weil fast alle wegen des Feiertags geschlossen hatten. Schließlich landeten wir wieder im Nova am Octagon.
Am nächsten Tag setzten wir bei trockenem Wetter aber bedecktem Himmel unsere Rundreise durch die Südinsel fort. Unsere nächste Station war Te Anau im Fjordland, dem Küstengebirge im Südwesten der Insel. Wir fuhren auf fast leeren Straßen durch die hügelige Landschaft zuerst nach Süden, dann nach Westen. Je näher wir der Westküste kamen, und desto stärker frischte der Wind auf und fegte endlich die Wolken weg. Nach knapp viereinhalb Stunden kamen wir gegen 14.00h in Te Anau an. Von unserem Hotel aus machten wir erst einmal einen Spaziergang in den 2000-Seelen-Ort. Er liegt am Ufer des Lake Te Anau, der mit 53 km Länge und einer Fläche von 353 km² der größte See der Südinsel ist.
Im Ort und an der Bootsanlegestelle waren viele Touristen. Das Fjordland ist eben sehr beliebt bei Neuseelandbesuchern. Da um 16:00h noch einige Plätze für eine Bootstour zu den Glow Worm Caves frei waren, kauften wir kurz entschlossen Tickets. Die Fahrt mit einem Katamaran über den See war alles andere als ruhig. Das Schiff fuhr mit etwa 60 km/h gegen den Wind und die hohen Wellen an. Es schaukelte und stampfte im Seegang so stark, dass man sich an Deck festhalten musste. Nach einer halben Stunde kamen wir endlich am Landungssteg bei den Glühwürmchen-Höhlen an.
Zuerst wurde uns erklärt, was Glow Worms sind: Es sind Raupen von Schmetterlingen, die in Höhlen leben. Die Raupen lassen klebrige Fäden von der Decke hängen. Mit ihrem Leuchten ziehen sie in der Dunkelheit Insekten an, die sich an den Fäden verfangen und vom Glow Worm gefressen werden. Je heller so ein Glow Worm leuchtet, desto hungriger soll er sein. Dann wurden wird in kleinen Gruppen in die Höhle geführt. Auf Stegen, Leitern und betonierten Wegen ging es einen reißenden unterirdischen Bach entlang. Sobald es dunkler wurde sahen wir an der Höhlendecke einzelne grüne Leuchtpunkte. Weiter ging es an einem tosenden Wasserfall vorbei etwa 250m in den Berg hinein. Dort wartete ein kleiner Kahn an dem aufgestauten Bach. Wir stiegen ein, und in völliger Dunkelheit und geräuschlos glitt das Boot über das Wasser. Nun leuchteten an der Decke überall blaugrüne Punkte – Glow Worms oder waren es vielleicht doch kleine LEDs. Nach diesem Schauspiel ging es auf demselben Weg zurück und mit dem Schiff nach Te Anau. Abends aßen wir sehr gut in dem gemütlichen Restaurant Redcliff Inn.
Am Donnerstag, den 3. Januar, wollten wir zum Milford Sound fahren, dem wohl bekanntesten Fjord Neuseeland. Bei Sonnenschein fuhren wir los, kurz darauf fing leichter Nieselregen an, und dann schüttete es, was herunter ging. Starkregen, der in Deutschland mal fünf bis zehn Minuten lang dauert, ergoss sich hier während der zwei Stunden langen Fahrt vom Himmel. Es war unglaublich, woher die ganzen Wassermassen kamen! Aber irgendwie müssen die Regenmenge, sechs bis acht Meter Wassersäule pro Jahr, ja zusammenkommen. Das Fjordland gehört zu den feuchtesten Gebieten auf der Erde. Großartig war daran, dass wir von der Strasse aus überall Wasserfälle die Felswände herunter schießen sehen konnten. Die meisten versiegen sobald der Regen aufhört.
Die höchste Stelle der Fahrt war in 920m am 1 km langen Homer-Tunnel erreicht, an dem noch Schneereste lagen. Dann ging es in Serpentinen steil hinab zum Milford Sound. Als wir dort ankamen, regnete es immer noch. Wir warteten erst mal im Auto und spielten Karten in der Hoffnung, dass sich das Wetter vielleicht doch noch bessert. Und so geschah es auch. Als der Regen allmählich nachließ, liefen wir zur Anlegestelle, von wo aus die Schiffe für die Fahrt durch den Milford-Fjord losfuhren.
Obwohl die Gegend völlig abgelegen und nur über die eine 120 km lange Straße erreichbar ist, herrschte ein Betrieb wie in einem Großstadtbahnhof. Wir hatten an diesem Tag jedoch nicht vor, mit dem Schiff zu fahren.
Noch waren die umliegenden Berge dicht verhüllt, aber kurze Zeit später lichteten sich die Wolken und nach ein bis zwei Stunden war der Himmel fast wolkenlos. Nun hatten wir einen freien Blick auf den Mitre Peak, der vor uns aus dem Fjord aufragte. Er ist mit 1692 m einer der höchsten Berge, die direkt aus dem Meer aufsteigen. Auf der anderen Seite sah man vergletscherte Gipfel, die nur knapp über 2000m hoch waren.
Auf dem Rückweg hielten wir immer wieder an, um uns die wunderbare Landschaft anzusehen. An einem Parkplatz sahen wir einige Keas, die grünen neuseeländischen Bergpapageien.
Und dann machten wir noch eine zweistündige Wanderung durch den Regen- und Bergwald auf den Key Summit, eine moorige Hochfläche mit fantastischer Aussicht auf die vergletscherten Darran-Berge. Der stärkste Eindruck an diesem Tag war jedoch Wetterumschwung.
Am Freitagmorgen war der Himmel wolkenlos. Wir hatten einen Tagesausflug zum Doubtful Sound geplant. Dies ist einer der größten Fjorde Neuseelands. Wie der Milford Sound liegt er im Nationalpark Fjordland. Er ist nur viel abgelegener und nur in einer geführten Tour zu erreichen. Wir wurden um 10.30h mit einem Bus von unserem Hotel in Te Anau abgeholt. Der brachte uns zusammen mit ca. 50 anderen Leuten nach Manapuri zum gleichnamigen See. Dort stiegen wir auf einen Katamaran um. Dann ging es von Ost nach West quer über den stahlblauen Lake Manapuri vorbei an größeren und kleineren felsigen und bewaldeten Inseln. Der See ist von drei Seiten von den etwa 1500m hohen und über und über bewachsenen Bergen des Fjordlands umgeben. Zwar war keine Wolke zu sehen, doch war der Fahrtwind auf dem Oberdecke bei der Geschwindigkeit von etwa 60 km/h ziemlich frisch. Nach etwa einer Stunde Bootsfahrt erreichten wir um 13.00h das westliche Ufer. Dort befindet sich als zweite Sehenswürdigkeit des Tages die West Arm Underground Power Station, ein unterirdisches Wasserkraftwerk, das das Wasser des Sees zur Stromerzeugung nutzt.
Der Strom wird übrigens zur Aluminiumfabrik nach Invercargill ganz im Süden Neuseelands geleitet. Dort wird besonders hochwertiges Leichtmetall u. a. für Bauteile des Airbus A 380 produziert. An der Anlegestelle wurden alle Passagiere auf zwei Busse verteilt. Dann ging es in einen Tunnel und in einer zwei Kilometer langen weiten Schleife 213m Meter in den Berg hinein. Dort unten befand sich die riesige Turbinenhalle des Kraftwerkes, die aus den Granitfelsen herausgesprengt worden war. Im inneren des Felsens war es erstaunlich warm. Vom Kraftwerk aus fließt das Wasser des Sees durch zwei riesige 10 Kilometer lange Röhren in den Doubtful Sound, unserem Ziel.
Als wir wieder ans Tageslicht kamen, ging es weiter auf einer 22 km langen Sandstraße zum Fjord. Die Strasse war einst extra zum Bau des Kraftwerkes angelegt worden, um die schwere Maschinerie vom Meer aus auf dem kürzesten Weg herbeizuschaffen. Die Strecke führte durch Regenwald zunächst abenteuerlich in vielen Kurven hoch zum 670m hohen Wilmot–Pass. Von dort aus hatte man schon einen tollen Ausblick auf den Fjord.
Dann ging es hinunter zu einem Meeresarm, dem Deep Cove. Um 15.00h bestiegen wir dort das Schiff, einen schnellen Katamaran, der uns durch den 40km langen Fjord bis hinaus zur Tasman Sea und wieder zurück bringen sollte. Die Wasseroberfläche war spiegelglatt. Der Doubtful Sound ist von über 1000m hohen Bergen umgeben und an manchen Stellen bis zu 400m tief. Obwohl die Felswände oft fast senkrecht in die Höhe ragen, sind sie über und über mit einem grünen Mantel von “Bush” bewachsen. Auch deshalb ist die Gegend um den Doubtful Sound außer mit dem Schiff praktisch unzugänglich. Es gibt noch nicht einmal Wanderwege. Selbst mit einem Helikopter kommt man nicht weit, weil die Gewächse hier eine Landung kaum zulassen. Es ist einfach ein Stück unberührte Natur.
Auf einigen der höheren Gipfel lagen noch Schnee- und Gletscherreste. Als das Schiff in einen der vielen Seitenarme fuhr, schwammen plötzlich in einiger Entfernung eine Gruppe Delphine neben uns her. Einer von ihnen zeigte sich uns aus nächster Nähe. Er schwamm ums Schiff herum und darunter hindurch. Dann fuhren wir noch weiter bis zur Mündung des Fjords in die Tasman Sea. Als wir uns dem offenen Meer näherten, frischte der Wind auf, die Wellen wurden höher und brachten unser Boot ganz schön ins Schaukeln. Auf einem der vielen Felsen im Meer sonnte sich eine Pelzrobbe.
Von da an ging es allmählich wieder zurück durch den Fjord. In einem anderen Seitenarm mit besonders steilen Wänden fuhr das Schiff ganz nahe an die Felswand. Von oben herab rieselten viele kleine Wasserfälle über die bewachsenen und sonnigen Felsen. Als dann noch der Motor abgestellt wurde, war es völlig still. Die Landschaft und die Ruhe am Doubtful Sound waren einfach großartig.
Am Ende der dreistündigen Rundfahrt legte das Schiff wieder in Deep Cove an. Von dort ging es wieder auf dem gleichen Weg zurück, zuerst mit dem Bus über den Pass zum Kraftwerk, dann mit dem Katamaran über den Lake Manapouri und schließlich mit dem Bus zurück ins Hotel. Erst nach 20.00h waren wir wieder im Hotel. Es war ein langer aber einfach verdammt guter Tag, den ich mir besser gar nicht hätte vorstellen können.
Am Samstag ging es weiter zu unserem nächsten Ziel: Wanaka in den Southern Alps und am Mount Aspiring National Park. Zum Autofahren war dieser Tag eher ungeeignet, weil es viel zu heiß war. Das saftige Grün des Regenwalds wich allmählich wieder dem Braun, die typisch ist für die regenarme östliche Alpenseite und Central Otago. Durch die Berge ging es zunächst am stahlblauen Lake Wakatipu und an Queenstown vorbei. Dann führte die Straße in vielen Serpentinen hinauf in die Berge der Crown Range. Mit 1120m ist die Passhöhe die höchste einer Landstraße in Neuseeland. Dann ging es hinunter durchs Cardrona Valley, durch den Goldgräberort Cardrona und nach Wanaka.
Sobald wir unsere Unterkunft im Peak Sportchalet bezogen und uns ein wenig von der Fahrt erholt hatten, fuhren wir an den Strand des Lake Wanaka. Es war ein richtig heißer Sommertag. Meine Eltern wollten den Uferweg entlang zu einem Weingut spazieren, während mein Bruder und ich lieber im See Kajak fuhren. Gemeinsam paddelten wir etwa eine Stunde lang durch die Wellen. In unserer komfortablen Ferienwohnung fühlten wir sehr wohl. Sie wird von sehr netten Auswanderern aus der Oberpfalz betrieben. Wir machten diesmal unser Abendessen selbst, aßen auf der Terrasse und verbrachten auch den restlichen Abend dort.
Am nächsten Tag war es immer noch heiß und wolkenlos. Nach einem leckeren Frühstück beschlossen wir, eine kurze Wanderung auf den nahen 775m Rocky Mountain zu machen, um von dort einen Blick auf die Berge des Mount Aspiring National Park zu werfen. Doch zuvor entdeckten wir, dass am See in Wanaka ein Markt für Kunsthandwerk stattfand. Meine Eltern wollten ihn sich unbedingt ansehen. Wir gingen also von Stand zu Stand und sahen Töpferwaren, Schmuck aus Jade und Email, Holzarbeiten, Tücher und Pullover: Es sah nichts aus wie billige Massenproduktion. Man sagte uns, dass alles von neuseeländischen Künstlern hergestellt worden sei. Und so haben wir ein paar nette Andenken und kleine Geschenk gekauft.
Nach kurzer Fahrt um den See waren wir am Ausgangspunkt unserer Wanderung. Der Weg führte zunächst zum kleinen, kreisrunden Lake Diamond und von dort über Leitern, Treppen und alpine Steige auf den Rocky Mountain. Vom Gipfel aus hatten wir einen herrlichen Ausblick auf den 56 km langen Lake Wanaka, die höheren Berge der Umgebung und den Mount Aspiring National Park im Norden. Insbesondere der 3027m hohe und von Gletschern umgebene Mount Aspiring war beeindruckend. In der Nähe des Rocky Mountain war auch ein Drehort von Lord of The Rings (LOTR): Rough Country South of Rivendell.
Als wir wieder zurück in Wanaka waren, fuhren mein Bruder und ich wieder Kajak, doch diesmal hatte jeder sein eigenes. Und weil es so warm war, schwammen wir danach noch ein bisschen im See. Abends aßen wir wieder auf der Terrasse.
Am Montag, den 7. Januar mussten wir nach dem Frühstück leider auch schon wieder weiterfahren. Wir wollten über den Haast-Pass an die West Coast und weiter nach Franz-Josef – wirklich, es gibt einen Ort in Neuseeland der nach einem österreichischen Kaiser benannt ist. Bei Sonnenschein fuhren wir in Wanaka los, zuerst am großen Lake Hawea, dann wieder am Lake Wanaka entlang. Die Wolken wurden inzwischen immer dichter, und als wir die erste Pause machten, regnete es bereits. So liefen wir im Regen durch den Regenwald und über eine schwankende Hängebrücke zu den Blue Gumps, einem tiefen Wasserloch am Flussufer. Der Haast-Pass, benannt nach dem neuseeländischen Geologen Julius von Haast, ist nur 534 Meter hoch, aber einer von nur drei Übergängen über die Southern Alps an die West Coast. Hinter dem Pass regnete es immer mehr, so dass von der Gebirgslandschaft nicht viel zu sehen war. Immer wieder machten wir kleine Pausen an Wasserfällen und im Visitor Center in Haast, wo es eine kleine Ausstellung über die Geschichte und die Tiere und Pflanzen der Küstenregion gab. Dann ging es weiter im Regen den schmalen Küstenstreifen entlang nach Norden. Links und rechts der Straße war meist Regenwald mit hohen Baumfarnen und anderen ungewöhnlichen Gewächsen. Der Ort Fox war unser nächstes Ziel. Dort kommt der Fox Glacier vom Mount-Cook-Gebiet herunter und erreicht fast die Küste. Wir bogen in eine kleine Sandstraße ab und kamen nach wenigen hundert Metern zu einem Aussichtspunkt. Durch eine Lücke zwischen den Bäumen sahen wir vor uns den mächtigen Gletscher, der mitten im Regenwald endet. Das sah wirklich unwirklich aus. Im Gegensatz zu den Gletschern in Europa schiebt sich der Fox Glacier täglich um ungefähr einen Meter talauswärts und dem Meer entgegen. Das kommt von den ergiebigen und häufigen Niederschlägen an der West Coast, die weiter oben als Schnee niedergehen und den Gletscher mit reichlich Nachschub versorgen. Nach diesen Eindrücken fuhren wir noch eine halbe Stunde weiter nach Norden. Nach 270 km Reise waren wir endlich in Franz-Josef. Wir hatten uns in der Jugendherberge eingemietet. Das war eine ganz neue Erfahrung. Als wir sahen, dass viele andere Gäste ihr Abendessen in der großen Küche zubereiteten, beschlossen wir auch selbst zu kochen. Im Supermarkt kauften wir uns die nötigen Zutaten, und so gab es Pizza, Krautsalat und leckere Pie’s. Am Abend regnete es immer noch etwas.
Für Dienstag hatte ich für die ganze Familie eine Halbtages-Gletschertour auf den Franz-Josef-Glacier gebucht. Das wird hier als Touristenattraktion angeboten. Morgens nieselte es noch leicht, aber der Wetterbericht hatte für die nächsten Tage Sonnenschein angekündigt.
Um 8.45h gingen wir zum Gebäude der Glacier Guides, der Organisation, die die Gletschertouren veranstaltet. Dort war ein ständiges Kommen und Gehen der Leute die eine der vielen verschiedenen Touren machen wollten. Alles lief nach einem genauen Zeitplan ab. Mit uns hatten sich etwa 60 andere eingefunden, die die Halbtagswanderung machen wollten. Unser Gruppe wurde von einem Guide abgeholt und zur Kleiderkammer geführt, wo wir mit Bergschuhen, Steigeisen, Regenhose und -jacke, Mütze und Handschuhe ausgerüstet wurden. Es hatte endlich aufgehört zu regnen. Mit einem alten, klapprigen Bus ging es dann zu einem Parkplatz im Tal des Gletschers. Von dort ging es zu Fuß ins Tal hinein, zuerst durch Regenwald. Und dann sahen wir den Gletscher vor uns, wie er von hoch oben bis herunter in den Talgrund floss. Der Weg führte weiter über Schotter, den der reißende Schmelzwasserfluss über die ganze Breite des Tals abgelagert hatte, Wegen Hochwasser mussten wir auf steilen Wegen und Leitern eine Felskuppe überwinden. Am Ende waren wir eineinhalb Stunden bis zum Fuße des Gletschers gelaufen. Wir wurden in Gruppen von elf Personen je einem Guide zugeteilt. Dann legten wir die Steigeisen an, und es ging immer hinter unserem Guide her über vorbereitete Stufen im Eis steil nach oben. Das Eis war im unteren Bereich an einigen Stellen mit Steinen bedeckt, sonst aber klar und hellblau. Unser Weg führte an steilen Eiswänden vorbei und durch enge Rinnen. Ab und zu blitzte auch mal die Sonne auf das Eis und ließ es noch besser aussehen. Ungefähr zwei Stunden stiegen wir so zuerst ein Stück den Gletscher hinauf und dann wieder herunter. Oft mussten wir warten während unser Guide damit beschäftigt war, die Stufen im Eis neu zu schlagen oder ausbessern und die Seilsicherungen neu festzuschrauben. So war die Gletschertour für alle immer ganz sicher. Obwohl ich sie sehr interessant fand, schien sie mir aber doch eher für Leute geeignet, die noch nie einen Gletscher hautnah erlebt hatten. Es dürfte aber schwierig sein, auf eigene Faust auf dem Franz-Josef-Glacier herumzulaufen. Unten angekommen ging es wieder den ganzen Weg durchs Tal zurück zum Bus und dann nach Franz-Josef zurück. In der Jugendherberge genossen wir auf der Terrasse sitzend den ganzen Nachmittag die Sonne.
Am Abend kochten wir wieder selbst, diesmal Steaks mit Zwiebeln und Gemüse aus der Tiefkühltruhe.
Am darauf folgenden Tag verließen wir die nette Jugendherberge in Franz-Josef und fuhren weiter an der West Coast entlang nach Norden. In Hokitika machten wir bei schönstem Sonnenschein eine Pause. Der kleine Ort ist für seine Werkstätten bekannt, in denen Grünstein oder Jade zu Schmuckstücken verarbeitet wird. Wir sahen uns eine an und warfen einen Blick auf den Strand der Tasman Sea. Unser Ziel war aber das Küstenstädtchen Greymouth und die Pancake Rocks bei Punakaiki, eine halbe Fahrstunde weiter im Norden. In der gemütlichen und sauberen Jugendherberge von Greymouth bekamen wir ein Vierbettzimmer mit Stockbetten und Dusche/WC zugewiesen. Es war eng, aber für eine Nacht gut genug.
Bei Flut sollen die Pancake Rocks ein besonderes Naturschauspiel bieten. Da der höchste Wasserstand bereits zwei Stunden vorbei war, machen wir uns gleich auf den Weg. Die Pancake Rocks haben ihren Namen von den vielen fingerdicken Kalksteinschichten, die ihnen das Aussehen vieler übereinander geschichtete Pfannkuchen verleihen. Die Brandung hat bizarre Formen aus den Felsen herausgenagt, Säulen, Höhlen, enge Schluchten und freistehende Felsen. Bei Flut drückt das Wasser in die Hohlräume und spritzt aus Löchern, Blow Holes genannt, und zwischen den Felsen hoch. Ein bequemer Weg führte uns zu allen Höhepunkten des Naturschauspiels. Wir sahen es drei Stunden nach der Flut, aber es war immer noch beeindruckend wild. Ein kleines Museum gab darüber Aufschluss, dass dieser Teil der Westküste Neuseelands bis weit ins 19. Jahrhundert hinein durch die vielfach steile Küste für die weißen Siedler unzugänglich war. Auf der Rückfahrt nach Greymouth vertraten wir uns die Füße an einem menschenleeren Strand aus feinem grauem Kies an und sahen zu wie die hohen Wellen aus der Tasman Sea heranrollten.
In Greymouth blieben wir nur für eine Nacht. Am Donnerstagmorgen war wieder schönes Wetter, aber wir mussten noch 250 km zurück nach Christchurch. Wir fuhren erst ein Stück nach Süden und bogen dann nach Osten ab in Richtung Arthurs Pass. Er ist einer der drei Straßenübergänge zwischen Ost und Westküste. Bald wurden die Berge höher und das Tal immer enger. Neben der Straße sahen wir hin und wieder die Gleise des TranzAlpine Express, eines Touristenzugs, der von Christchurch aus an die Westküste fährt. Zuletzt ging die Straße steil hoch, unter Lawinengalerien hindurch und über eine kühne Brücke auf den über 900m hohen Pass, von dem aus man einen tollen Blick zurück ins Tal und auf die umliegenden über 2000m hohen Berge hatte. In dem Ort Arthurs Pass hielten wir für einen kurzen Ausflug zum 135m hohen Devil’s-Punchball-Wasserfall, der über Holztreppen und einen gut ausgebauten Weg bequem zu erreichen war.
Auf der Weiterfahrt in Richtung Osten wurden die Berge flacher, die Täler breiter und die Landschaft immer trockener und karger.
Als wir die Berge längst hinter uns gelassen hatten, kamen wir durch Springfield. Wir hatten nicht erwartet, dass die Stadt der „Simpsons“ in Neuseeland liegt. Aber die Fenster eines Gasthauses waren wirklich mit den Bildern von Homer, Bart, Maggie usw. bemalt. In einem kleinen Cafe hielten wir kurz für einen Snack. Dann ging es auf schnurgeraden Straßen weiter durch die sommerliche Canterbury-Ebene Richtung Christchurch.
In Christchurch hatten wir uns wieder im gleichen Hotel eingemietet wie zu Beginn der Reise. Am Nachmittag bummelten wir nochmals durch die Stadt, kauften im All-Blacks-Shop ein und gingen schließlich durch die historischen Gebäude der alten Universität zurück zum Botanischen Garten, wo wir im Curator’s House stilvoll and gut zu Abend aßen.
Am nächsten Tag, Freitag den 11. Januar hieß es dann Abschied voneinander nehmen. Um 10.00h mussten wir im Motel auschecken und hatten noch einige Stunden Zeit bis mein Bus nach Dunedin losfuhr. Da strahlender Sonnenschein war, fuhren wir noch einmal an den Strand von Christchurch. Am breiten Sandstrand liefen wir auf einem Pier ein Stück ins Meer hinaus. Von dort wehte ein kalter Wind. Auf dem Rückweg in die Stadt sahen wir an der Straße ein Maori-Haus. Das Gelände war aber eingezäunt und abgeschlossen. So konnten wir uns die mit Schnitzereien verzierten Gebäude nur von außen ansehen.
Dann fuhren wir die Bushaltestelle suchen, von der aus ich nach Dunedin fahren wollte. Nach einigem Suchen fanden wir sie. Noch war etwas Zeit. Wir schlenderten durch die nahe und malerische New Regent Street mit ihren kleinen Läden, den Straßencafes und den alten Straßenbahnen. Dann kam auch schon der Bus. Reisegepäck verstauen, kurz umarmen, Tschüß sagen. Ein schneller aber herzlicher Abschied!
Meine Eltern und mein Bruder hatten es nun auch eilig. Sie mussten noch den Mietwagen zurückbringen und dann zum Flughafen fahren, von wo ihr Flieger um 16:30 starten sollte. Kurz nach 14.00h fuhr auch mein Bus los. Die Fahrt dauerte sechs Stunden, und ich war froh, als ich abends wieder “zu Hause“ war, wo mich George von der Bushaltestelle abholte.
Es war eine schöne Zeit mit meinen Eltern und meinem Bruder. Wir haben tolle Landschaften auf der Südinsel Neuseelands gesehen und viel Interessantes und Neues erlebt. Die zweieinhalb Wochen gemeinsamer Urlaub vergingen leider viel zu schnell. Aber Hauptsache war, dass wir wieder mal zusammen waren. Ich werde die Anderen dann erst in einem halben Jahr wieder sehen, wenn der erste und zweite Term an der Kings Highschool vorbei sind. Aber wegen Heimweh mache ich mir keine Sorgen, weil ich ja auch schon bisher in Neuseeland sehr wohl gefühlt habe.